Liturgie - Der Zweite Blick
Johannes sieht mehr, als vor Augen ist. Vielleicht eine Fähigkeit, die er in der Einsamkeit gelernt hat, als nichts den Blick ablenkte. Johannes sieht mehr, als vor Augen ist. Und er verkündet, was er sieht: Dass der Erlöser kommt, der uns liebt und der uns retten will. Johannes wird nicht müde, auf ihn hinzuweisen. Und daran zu erinnern – auch heute – dass ich mich auf den, der kommt, vorbereiten kann. Indem ich ein wenig sehen lerne, wie Johannes gesehen hat. Mit einem unabgelenkten Blick. Advent ist eine Schule des Nichtsehens, um das Wesentliche zu sehen.
Dass Johannes zur Buße und Umkehr aufruft, hat konkret mit Ihnen, mit mir zu tun. Geschieht jetzt. Geschieht hier. Und beinhaltet eine Aufforderung: Werde konkret in deinem Leben. Es geht um das Jetzt, um diesen Advent, nicht um den Sankt-Nimmerleinstag. Jetzt ist meine Umkehr gefragt, jetzt ist mein Umdenken vonnöten.
Bibelwort: Lukas 3,1-6 (zum Evangelium vom 2. Adventssonntag)
AUSGELEGT!
Bereitet den Weg des Herrn!
Bereitet dem Herrn den Weg! So hören wir die Worte des Johannes. Das hört sich nach einer Überforderung an. Was sollen wir denn noch alles tun in diesen hektischen Adventstagen? Hilfreich ist es, genauer hinzuhören. Es heißt nämlich: „Bereitet den Weg des Herrn!“ Das klingt ähnlich, bedeutet aber: Der Weg ist da, er muss nicht bereitet werden. Und es ist der Weg des Herrn. Er ist bereits auf dem Weg. Ich muss nicht einmal den ganzen Weg selbst gehen, denn der Herr geht ihn, der Herr kommt. Das ist für mich eine ungeheure Entlastung. Doch heißt das im Umkehrschluss nicht, die Hände in den Schoss zu legen. Denn Johannes sagt noch einen zweiten Satz: „Macht gerade seine Straßen!“ Das heißt nicht, dass wir die Straße bauen müssen, auf der der Herr kommt – die ist schon da – doch es scheint Hindernisse zu geben. Vielleicht Barrieren, die wir selbst aufbauen. Was könnte das sein? Und weiter heißt es, dass Johannes in die Gegend am Jordan zog und dort überall Umkehr und Taufe zur Vergebung der Sünden verkündigte. Die Leute damals mussten sich schon auf den Weg machen zu Johannes dem Täufer, aus der Stadt durch die Wüste bis hinunter ins Jordantal. Ohne diesen eigenen Schritt – das gilt auch für uns – läuft gar nichts.
Michael Tillmann
Quelle: Bermoser + Höller Verlag AG
Foto: Michael Tillmann; Grafik: Peter Hodiamont
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